3-5
Februar & 17-21 Februar |
Es
ist schon eine brutale Angelegenheit. Du musst, obwohl du eigentlich frei hast
und ausschlafen kannst, morgens um 8 Uhr aufstehen und das heimische Bett mit
der schönen, warmen, weichen lieben Freundin verlassen. Du lädst dein Vibraphon
in dein Auto, hockst du dich rein, holst beim Metzger noch Wurst, besorgst Brötchen
beim Bäcker und lädst den Rest des Gefährts voll mit Bierkästen. Mit diesen
Errungenschaften bretterst du dann 1 1/2" Stunden durch die Bohei um dich, am
Ziel angekommen, um 11 Uhr vor ein Mikrophon stellen und dort Texte über durchzechte
Nächte und wüste Gesellen reinzubrüllen. |  Good
old Country Boys | So
geschah es mir, aber ich beschwere mich nicht, ich habe dieses Schicksal selbst
gewählt.
Meine sehr verehrten Damen, meine sehr geehrten Herren, hier ist
er, wenn auch etwas verspätet, der zweite Teil unseres Studioberichts!!
 Olaf
säuselt den Chor bei "Mond über Mainz" | 3
Tage singen, die restlich Gitarrensolos, die letzten Feinheiten der Hammond und
des Klaviers, und die ganze Atmo für den Hintergrund. Das ist unser Programm dieses
Wochenende. Als ich gegen 11 Uhr ankam erfuhr ich erstmal, dass Wastel mit
fett Fieber in der Falle liegt. Scheiße so was, ich hab es ganz gerne wenn wir
ne Platte aufnehmen, dass wir alle zusammen hängen, hat eine besondere Stimmung.
Ein wenig Schullandheim, ein bisschen Kegelausflug, ein Schippe Rock'n'Roll und
wenn einer fehlt (und wenn es der Drummer bei den Gesangsaufnahmen ist) ist es
halt nicht so schön. Peter und Paule waren schon eine Stunde fleißig und haben
unseren Titel „Buffalo Bill“ vom Ska in einen Knüppelpunk umgearbeitet.
Das gibt ein Bonusstück für diverse Sampler oder ne
Single. |
Den Text ("Das Konzert")hatte ich ein paar Tage zuvor
zusammen mit Anne in unserer Küche geschrieben und die Herren haben in begierig
aufgenommen. Also hatte ich noch eine gute Stunde Schonfrist um mich auf den Gesangsteil
vorzubereiten.
Erstmal ein Kaffee, dann ein Frikadellen und ein Fleichkäsbrötchen.
Danach kann man es wagen am ersten Bier zu schnüffeln, weil die Gesangsaufnahmen
ohne Bier einfach nicht gehen. Ich bin ja bei meinen Bandkollegen als „One-Take-Wounder“
verschrien. Das bedeutet, dass ich die meisten Titel ohne viel Federlesen, direkt
bei ersten Singen im Kasten hab. Klar beim ersten Lied klappt das meistens nicht
da man sich ja erst mal warm singen muss. Aber
alles in allem hatte ich gut die Hälfte der 18 Lieder ohne Wiederholung direkt im Sack. |  Paule
jubelt über den guten Rückrundenstart von Mainz 05 |
 Die
unterbesetzten Toifel beim 3ten Studioblock |
Bei 2 Songs bekam ich sogar
Applaus (von unserem Mastermixer Markus), ich fühlte mich sehr geehrt. Natürlich
singt man die Lieder nicht in einem Rutsch ein, da würde man blöd werden (noch blöder??).
Zwischenrein gab Peter mal ein Gitarrensolo, dann wurden wieder 2 Stücke intoniert,
dann kam um 15 Uhr Ole aus Bremen und man plauschte mal ne halbe Stunde, wieder
2 Werke auf die Festplatte geträllert, hier fehlt noch das Orgelsolo, da noch
ein Hintergrund und so weiter und so fort. Die Bierkästen leerten sich rasant,
die Sonne ging unter und nach 8 Stunden war der erste Tag im Studio vorbei. Hungrig
wie die Wölfe sind wir dann im ersten Haus am Platz aufgeschlagen und haben uns
die Wampe mit lauter feinen Sachen vollgehauen. Nachts in der Koje auf dem Ipod
die Ergebnisse des Tages gemustert, GEIL. |
Am
nächsten Morgen war ans Singen nicht zu denken. In einem der 15 Weizenbier
vom Vorabend war eindeutig ein schmerzerzeugendes Elixier gemischt worden. 3 Aspirin
schaffen Abhilfe. Bis sie allerdings wirken und ich "Mr.Hyde"
einsingen kann (ausgerechnet Mr.Hyde!!! Mit dem Brüllrefrain) sollte
noch eine Stunde vergehen. Die Zeit nutzte ich um endlich das Vibraphon für
unser Outro "Schlafapnoe" einzuspielen. Ein wahnsinnsgeiles Instrument,
daß wenn es in falsche Hände gerät zu einer fürchterlichen
Waffe werden kann. Ich hatte, sehr zum Leidwesen meiner geliebten Anne, meinen
Part für dieses Lied 3 Wochen lang in unserer Wohnung geübt und sie
wird sich es sich nie mehr vorbehaltlos anhören können. Es ist halt
ein besonderes Schmankerl, wenn man die Möglichkeit hat einen originalen
Klangerzeuger zu spielen. Natürlich wäre es ein
einfaches |  Olaf
meets Kid Creole |
 Peter
pflegt sein Gitarrenspiel gerne vor bedeutenden Kunstwerken |
gewesen das ganze über die Orgel als Sample einzuspielen, doch
das Resultat klingt mit einem echten Vibraphon um Welten besser. Nach einer Stunde
war ich mit der Höllenmachine fertig, aber das Kopfweh meldete sich immer
noch hinter den Augen. Peter brachte die Erlösung. Er spielte noch ein paar
Overdubs ein und ich verzog mich eine Stunde auf die naheliegende Waldkampfbahn. Gegen
13 Uhr gab es aber kein zurück mehr. Des Sängers Lungen waren gespült
von der frischen Waldesluft, des Sängers Bauch war gefüllt mit erlesenen
Spezereien und des Sänger Kehle war auch schon wieder das erste Bier runtergelaufen.
Es lief wie geschmiert, das Einsingen, die Getränke und das Herz schlug hoch
nach jedem Kontrollhören. Die restlich 3 Herren |
drückten
sich derweil LKW-Reifen große Pizzen ins Gesicht vertilgten kindskopfgroße
Frikadellen oder tranken in Pappkartons stehend billigen Schnaps. "Schöne
Zeiten im Studio, ach würden sie doch nie vergehen!!!" Irgendwann
war der Gesang drinnen und der Herr sah es und sagte das es Gut war. Studioblock
3 war zu Ende und 2 Wochen später folgte Block 4, der letzte Akt: Wir
lieben die Fastennacht. Nicht weil wir die Mainzer Fasstennacht lieben, sondern
weil wir da alle Sonderurlaub bekommen. Das beste was man an diesem verkackten
Spießerfest machen kann ist aus Mainz verschwinden und seine Schallplatte
fertig aufzunehmen. 4 Tage, 6 Männer, ein Ziel (zumindest ein Hauptziel) Dieses
mal war die Band komplett anwesend. Wastel hatte sich erholt und der Chorgesang
konnte beginnen.
Bei 18 Liedern eine Mammutaufgabe, aber nicht unlösbar.
Rings ums Kondensatormikrophon gereit sangen wir uns die Kehle aus dem Leib.Ein
besonders Missverständnis gab es bei "Ebsch Bois". Dort
lautet eine Textzeile "In Meenz ist für so'n Pack keen Platz" (Übersetzt:Im
Mainz ist für so ein Pack kein Platz) und wir sangen alle ganz brav zusammen 5-6 mal
diese Zeile bis auf einmal Ole fragte was wir da eigentlich singen. Ich sagte:
"In Meenz ist für so'n Pack keen Platz", Peter sang: "In Mainz
da ist im Park keen Platz" und Ole gab dann zu "In Meenz da gibts keen
Parkeplatz" gesungen zu haben. Nachdem wir uns die Seele aus dem Leib gelacht
haben und wir die Textzeile endlich geklärt hatten, stellten wir zu unserem
Erstaunen fest, daß an dieser Stelle überhaupt kein Chor gesungen wird!!!
Ein denkwürdiger Augenblick in der Bandgeschichte, den wir noch unseren Enkeln
erzählen werden.
|  Was
zu beweisen war |
 Wastel
und Paule geben ihr bestes und Ole nimmt das Beste |
Der
Spass hat uns eine Stunde gekostet, das war es uns aber wert und es ist ein schönes
Beispiel dafür, warum Bands im Studio immer so lange brauchen um ihr Sachen
aufzunehmen. Es ging auf jeden Fall munter weiter. Mal sangen wir alle zusammen,
mal jeder allein, mal nur Paule und Wastel und mal nur Peter und mal nur ich und
auch Ole stand gelegentlich alleine da. Nach Einem Tag war das Ding erledigt und
Hoppla, keine 14 Tage und die Platte war im Kasten.
Abends in der Dorfkneipe
nach reichlich Irish Stew, und anderen erlesenen Eintöpfen, gab es noch eine
große Diskusion. Eigentlich sollte unser Baby ja "Der dritte Weg"
heißen und ein Konzeptalbum zum Thema Alkohol werden. Im laufe der Zeit,
also im Laufe der 2 jährigen Vorbereitung auf das Projekt, hat sich
der Name und das Konzept aber nicht |

|
| mehr als passend erwiesen. Die Lieder drehen
sich nicht nur um Alkohol sondern z.B bei "Der Pöbel regiert die
Stadt" um den Aufruf zum Aufstand gegen unsere abgehobene Politikergilde,
"Bei Himmel und Hölle" um Religionskritik und bei "Buffalo
Bill" wird sogar nur warme Milch getrunken. Es sollte ein Titel sein
der einen Kreis schließt zu unseren vorhergehenden 14 Lp's und doch für
sich selbst stehen. Wir hatten jeder zig Vorschläge auf dem Tisch bis irgendwann
jemand sagte
"Engelstrompeten und Teufelsposaunen"
Wenn
es doch immer so einfach wäre. Der Titel schlägt eine schöne Brücke zu unserer bis jetzt krachigsten LP "Sex, Droogs & Rock'n'Roll" von 1994 und ihr werdet es nicht glauben, die haben wir damals auch im Bazement Studio (vor 13 Jahren noch in |  Die
Namensgebungskonferenz |

Bestechung des Mixers |
anderen Räumlichkeiten in Wiesbaden) aufgenommen. Ich sag nur "Droogies coming home!!!".
Bester Dinge ins Bettchen, am nächsten morgen gut gefrühstückt, noch letzte Feinabstimmungen, dann war Markus der Mastermixer dran. Alles umstöpseln, jetzt wird gemixt. Die Vorbereitungen für den Mix dauern ein paar Stunden, es muss getriggert werden und was weis ich, alles Sachen die sich mir Teilweise nicht erschließen. Als leidgeplagter Orgelmann hab ich Markus 20 Euro in Bar und meine EC-Karte überlassen, damit der meine Hammond schön laut stellt, hat geklappt, da geh ich wieder hin.
Meine Aufgabe war nur mein kühlschrankgroßes Hohner Lesley- Kabinett zu bedienen um den besten Hammondsound rauszuholen. Und am Schluss war alles "well done". |
Es folgten 3 Tage Mixen, hören, bewerten, verwerfen, zustimmen, toll finden, weniger toll finden und zwischendrin immer wieder Bier trinken.
Und plötzlich ist Aschermittwoch, 22 Uhr und der letzte Song ist gemischt. Markus brennt jedem noch seine CD ich bekomms auf meinen Ipod genudelt und das war's. Um eine halbe Stunde vor Mitternach hab ich mich in mein Auto gehockt und bin nach Mannheim zurückgebrettert. Mit zittrigen Fingern hab ich zuvor den Ipod im Auto angeschlossen und mir die ganze Platte reingesaugt. Nochmal GEIL
Jetzt, es ist mittlerweile Ende Mai, sitze ich hier, die Platte läuft immer noch ununterbrochen wo es nur möglich ist. Vor 2 Wochen haben wir das Photoshooting fürs Innencover gemacht, der Wastel hat |

Wastel und Paule beim Hören |

Paule und Olaf |
das schönste Plattencover gezeichnet welches wir je hatten und im September, zum beginn unserer "Engelstrompeten und Teufelsposaunen-Tour 07/08" haben wir das Teil sicher dabei.
Waren tolle Tage im Studio, danke an unsere Damen und Kinder für das Verständnis zu unserem zeitraubenden Hobby, und Danke an Markus für seine spitzen Arbeit und seine unendliche Geduld.
Text: Olaf
Bilder: SpringtOifel |
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